Der Herbst – Liebeserklärung an eine Jahreszeit und eine Region
Die Farben und das Licht in diesen Tagen treiben mich um, ich muss diese Zeilen schreiben!
Wir sind in der letzten Dekade im Oktober, die Jahreszeit des goldenen Lichtes. Viele Wochen war das Wetter unspannend, der Himmel grau und für diese Jahreszeit war es viel zu kalt.
Doch aktuell sprengen die Farbtöne in der Landschaft die Vorstellungskraft und meine Erinnerung an den Herbst letzten Jahres.
Ganz unterschiedlich sind die Abstufungen der Gelbtöne. Nahe der Weinstraße sind die Bäume gelb, Kastanien und Buchen strahlen mit ihrem Leuchten um die Wette nach dem Motto, wer ist noch glänzender, als der mit Blattgold belegte Buddha in Bangkoks Wat Mahatat. Viele der Landstraßen werden von Ahorn, Buchen, Walnüssen, Schlehen, Birken, Eichen, Kirschen, Kastanien und Ebereschen umrahmt. Von Blutrot bis Senfgelb, von Rost bis strohgolden fällt ein Blatt nach dem anderen herab.
Ich wanderte dieser Tage durch den Wald bei Ramberg, überfordert und euphorisiert durch die sich ständig abwechselnden Gelbtöne. Hoch über dem Pfälzerwald auf der Burg Neuscharfeneck sah ich Farbabstufungen und Strukturen im Gehölz, die eine sonst nicht sichtbare Dreidimensionalität in die Hügel zaubern, Farbtupfer die, wie mit einem großen Pinsel von Geisterhand geführt über die Wälder getupft wurden.
Wenn der Hochnebel den Wald einhüllt, sieht er aus wie im Märchen. Kaltblau hängt die Luftfeuchtigkeit zwischen den Bäumen und dämpft die Tiefe ab. Alles wirkt, als komme jeden Moment auch dem Nichts ein Gestalt heraus. Die Farben sind zart und vielschichtig.
Die Rebzeilen der Weinberge, aneinander gereiht wie die Maschen eines Strickmusters, schwingen die Hügel entlang, gelb und golden, rot oder braun hin bis zu dunkelviolett. Oft liegt ein Duft von Fallobst und gesäuertem Most, der durch die Trester in den Wingertszeilen entsteht, in der von der tief stehenden Sonne erwärmten Herbstluft. Obstfliegen schwirren im Gegenlicht und Raben picken die Walnüsse aus dem Laub. Spät am Abend tönt das Geschrei der gegen Süden ziehenden Kraniche durch die Dämmerung
Weiter westlich im Pfälzer Wald dominieren zur gleichen Zeit Braun- und Orangetöne zwischen den Kiefern. Die Morgen sind oft nebelig, meist dauert es lange, bis die nicht mehr so kraftvolle Sonne sich durch den Dunst kämpft. Dann aber entsteht ein Strahlen, ein Leuchten und ein Farbglanz, den nur diese Jahreszeit zu bieten hat.
Das Zeitfenster für diesen Farbenrausch ist kurz oder auch so lang, bis der erste Herbststurm die Pracht von den Bäumen weht.
Ich sauge diese Farben tief in mich hinein, bin von ihnen berauscht und betört, sprachlos und staunend.
Geht raus, öffnet Eure Augen und Eure Sinne. Es dauert nur noch wenige Wochen, bis der Winterschlaf naht und alles trist aussieht.
Michael Metzger Oktober 30, 2015 - 10:55am
Hallo Raik,
Zu den gewählten Worten, die von einem Schriftsteller stammen könnten, zeigst du auch die etsprechend tollen Bilder.
Klasse Blockeintrag, gefällt mir sehr gut.
LG
Michael