Ich stehe im Ligurischen Vernazza hinter meiner Kamera und warte, bis die Pentax die Rauschreduzierung meiner Langzeitbelichtung fertig gerechnet hat. Da surrt es neben mir und die Drohne einer Fotografenkollegin setzt zur Landung an.
Dabei wirbeln die Propeller den feinen Dreck auf und im Handumdrehen sind meine Filter verstaubt und der Landeplatz wirkt wie poliert und frisch abgesaugt. Diese Drecksdinger, noch vor einer halben Stunde stand ich unten am Meer und so ein Brummding fliegt in meine Belichtung hinein. Ich fluche vor mich hin, unwissend, dass ich einen Monat später vor der Kaufentscheidung eines Kopters stehe.
Eigentlich waren mir Drohnen zu tiefst suspekt, so wie vielen Menschen, die sich davon beobachtet fühlen und mit Argwohn verteufeln, warum denn jetzt überall und gerade hier auf den Malediven am Strand Drohnen rumfliegen müssen.
Doch dann sah ich diese Filme im Kinolook, schön smooth geflogen in dem schönsten Licht des Tages. Die Perspektive hat mich gefesselt, komplett anders und ungewöhnlich.
Brauche ist so etwas? Gute Frage, will ich so etwas?
Der Wunsch reifte, die Einsatzgebiete hatte ich mir ja schon zurecht argumentiert.
Die Entscheidung viel auf die DJI Mavic Pro, ein kleiner Kopter mit Faltflügeln, leicht zu transportieren und somit gerade noch in den Reststauraum meiner organgenen Fertiggarage von f-Stop passend.
Doch die Investition in das unbemannte Luftfahrtsystem ist mit Folgekosten behaftet. Da die günstigen Drohnenkameras keine verstellbare Blende haben kam noch ein Satz ND-Filter zur Reduktion des Lichtes, ein zweiter Akku, eine stabile Schutztasche, eine Haftpflichtversicherung und ein vorgeschriebenes Metallschildchen zur Identifikation des Piloten/ Benutzers hinzu.
Ich muss erst einmal Fliegen lernen
Ausgepackt, ein paar sehr hilfreiche Youtube-Videos zur Installation und Bedienung reingezogen und am selbigen Abend auf der heimischen Terrasse die Mavic dazu gebracht abzuheben und 2 Meter in jede Richtung zu fliegen. Das muss reichen. Ich wollte am kommenden Morgen bereits meine ersten Filme drehen. Mein Weg führte mich auf den Rehbergturm im Pfälzerwald, die Wetterprognose war vielversprechend.
Und in der Tat war das Licht sehr schön, nebelige Täler und glühende Wolken, Pfälzerwald at its best.
Die Mavic habe ich gut in den Morgenhimmel gebracht und war mit der Technik beschäftigt. Am kleinen iPhone Display ist es schwierig, die ganzen Informationen und aufpoppenden Hinweise zu erkennen. Ein paar gute Filmszenen konnte ich mitnehmen, danach kam die Landung. Schön per Hand die Drohne zurück zu Papa geholt und zur Landung angesetzt. Doch irgendwie hat das nicht ganz so geklappt und 30 cm vor dem Aufsetzten zog die Drohne nach rechts und krachte in das Metallgeländer. Fuck!! Nach dem ersten Check war alles heil geblieben.
Ich glaube, ich muss erst einmal Fliegen lernen.
Der Heimische Fußballplatz bietet sich dafür an. Meine Akkuladung verbrauchte ich für Flugmanöver, ruhiges Gleiten, Kameraführung, Stoppen, Drehen und Filmmoves. Ah ja, jetzt fühle ich mich wohler. Keine 2 Tage später ging es zum Luitpoldturm.
Der Morgen sollte ähnlich Enden wie der am Rehbergturm. Die Flugmanöver waren sauber, das Licht mittelmäßig. Kurz vor der Aufsetzen auf dem Gemäuer des Turmes zog die Mavic wieder weg und krachte in die Mauer, Doppelfuck!! Zwei Propeller waren gebrochen und ich um die Erkenntnis reicher, dass auf Türmen das Landen nicht geht. Dort ist zu viel Metall, Geländer und Blitzableiter, die das GPS durcheinanderbringen. Meine nächste Hausaufgabe war, die Drohne im Flug mit der Hand vor der Landung aufzufangen. Theoretisch weiß ich wie es geht, habe aber bis dato nicht den Mut aufgebracht Mangels Situation, die es erfordert hatte.
Dritter Versuch im Trifelsland. Am zugenebelten Morgen stehe ich auf der Münzburg, „looks good“. Die Mavic schwebt weg, weit weg und ich sehe sie nicht mehr, dabei sind 500 Meter jetzt nicht so weit, aber sie verschmilzt sehr schnell mit der umliegenden Landschaft. Mir wird ein wenig mulmig und ich nutze die Return to Home Funktion. Beim Start ermittelt das GPS die Geodaten und speichert diese ab. Es scheint zu funktionieren. Doch wo ist sie? Ich höre Sie aber sehe sie nicht. Sie schwebt wie ein Stecknadelkopf 100 Meter über mir.
Es klappt langsam
Im Laufe der Wochen werde ich immer sicherer und habe Zeit auch mal ein paar Fotos aus der Luft zu machen. Dabei kann die Mavic RAW bei 12MP, damit kann man arbeiten. Die Mavic steht beim Hovern sehr stabil in der Luft, wobei ich persönlich den sogenannten Tripod-Mode nicht nutze. Selbst Panoramen oder Belichtungsreihen lassen sich problemlos erstellen, das macht mich extrem an. Diese neuen Perspektiven gefallen mir. Fotospots, die zuvor nicht erreichbar waren oder schlicht weg unfotogen funktionieren nun. Zum Beispiel der Asselstein im Pfälzerwald. Der Gipfel ist nur durch Klettern zu erreichen und im Frühjahr bis Sommer gesperrt wegen der Brut von Wanderfalken.
Es gelten die selben Regeln wie das Fotografieren am Boden. Über den Liveview des iPhones schaue ich nach einem guten Bildaufbau, das Histogramm und die Überbelichtungswarnung sind, wie das Fokuspeaking, bei mir aktiv.
Wie schon bei meiner Canon 5DMK2, lassen sich die per Überbelichtungswarnung ausgebrannten Stellen im RAW in gewissem Maße wieder herstellen. Hier gilt es, wegen dem begrenzten Dynamikumfang, ein Kompromiss von sauberen Schatten und gezeichneten Lichtern zu finden. Die Lensflares sind beim direkten Fotografieren in die Sonne grässlich.
Der erste Film ist fertig
Im September war ich für 6 Tage in Apulien. Ideal um mit der Mavic Material für den ersten Film zu sammeln.
Viele Locations habe ich abgeflogen. Dabei ist meine Herangehensweise eine andere, als wenn ich in der Dämmerung hinter meinem Stativ stehe. Ich nutze dabei das tief stehende Licht, bin also weit vor dem Sonnenuntergang on Location, damit ich mit viel Licht und geringer ISO arbeiten kann. Beim Filmen gelten andere Verschlusszeiten als beim Foto. Für eine Video mit 24fps braucht man schon eine Verschlusszeit von 1/50. Ich finde gerade im Gegenlicht die Bildqualität dieser kleinen Kamera mit ihrem 2/3 Zoll Sensor erstaunlich gut.
Einige Momente waren schon nervenaufreibend und trieben mir den Schweiß auf die Stirn. Am Trabucco San Nicola kam landseits eine steife Brise, ich schätze 30-40km/h Windgeschwindigkeit und ich war reichlich nervös, als die Mavic einen Meter über dem Boden hinaus auf das offene Meer flog. Doch erstaunlicherweise schafft sie das und steckt die Windböen ganz gut weg. Plötzlich poppt auf dem Display irgendeine Meldung auf französisch auf. Ich beherrsche diese Sprache nicht und wische die Meldung weg.
In Vieste wollte ich zum Leuchtturm der Insel Santa Eufemia fliegen. Der Wind fegte von Südosten über das Meer, so dass ich den Kopter maximal 20 Meter vom Ufer entfernt rausflog. Dabei tänzelte die Mavic immer hoch und runter. Ich war froh, das Ding wieder auf dem Boden gehabt zu haben.
Einige Kilometer südlich von Vieste befindet sich die Grotta Sfondata Grande. Ein Grotte, welche ausschließlich per Boot, oder Drohne 🙂 zu erreichen ist. In Google Earth habe ich mit die Geografie dieser Grotte angesehen und bin dann die Küstenstraße entlang gefahren, bis zu einem kleinen Parkplatz. Dort habe ich die Maviv aufsteigen lassen und bin zu der geahnten Position der Grotte geflogen. Das sah umwerfend schön aus von oben. Langsam bin ich in die Grotte hinab gesunken, immer wissend, wehe das Verbindungssignal von der Fernbedienung zur Drohne oder schlimmer das GPS Signal reißt ab.
Doch vor dem eigentlichen Schneiden des Materials kam erst einmal das Einarbeiten in die Geheimnisse des Color Gradings. Dabei hatte ich im Heimatrevier einige Testfilme gedreht um zu sehen, wie das Rohmaterial aussieht und wie es zu behandeln ist. Als Fotograf bin ich sehr pingelig was die Bildqualität, Schärfe, Farben und das Bildrauschen betrifft. Auch hier habe ich viel Zeit mit Recherche, Filmforen, Tutorials und Trial & Error verbracht. Die Essenz daraus ist, dass ich sämtliches Material im D-Log Profil und in 4K aufzeichne. D-Log ist ähnlich einem sehr flauen, kontrastarmen Foto. Dafür werden der Großteil der Tonwerte erhalten und das Maximum an Dynamik aufgezeichnet. Zudem muss die Mavic in Bezug aus Schärfe etwas überlistet werden. Benutzt man nämlich die Standardsettings, dann sind Flächen und feine Strukturen von der zu starken internen Rauschreduzierung schlicht weggematscht. Ich stelle die Schärfe auf +1 ein, was zu einem knackscharfen Bild führt, aber das Bildrauschen und Flackern im Bild ist plötzlich ein Problem. Und wieder geht Kohle weg für ein Entrauschungs-Plugin, Neat Denoise für Ninal Cut Pro.
Dafür sieht das Ergebnis top aus und das Jammern um das Schrumpfen des Kontos wird von der Freude über das Ergebnis verdrängt.
Dann kommt die Arbeit am PC. Ich habe extrem viele Szenen abgedreht, die wollen gesichtet, bewertet und final auf die Musik geschnitten werden. Ist das durch folgt das Color Grading, unter uns Fotografen das Entwickeln des flauen RAW´s mittels Kontrastanpassung und Farbkorrektur. Ist das erledigt folgt das Entrauschen mittels Neat Denoise. Das braucht am meisten Rechenpower. Mein MacBook Pro aus 2012 mit 16GB RAM und SSD schnauft heftigst. Final dauert das Rendern und Ausgabe als Video bei 1:30 Filmzeit runde eineinhalb Stunden.
Auch wenn alles hier meine persönliche Meinung ist, weise ich darauf hin, dass Teile dieses Blogbeitrags Werbung enthalten .
Aktuell bin ich seit Monaten damit beschäftigt, magisches Licht zu erwischen und sammle Filmmaterial für mehrere Drohnenfilme vom Pfälzerwald. Dabei war ich schon seit langem nicht mehr mit so wenig Gepäck und Ausrüstung unterwegs, eine kleine Umhängetasche macht das Leben soooo leicht.
Das Fliegen und Filmen Bereitet mir echt viel Spaß. Die Mavic wird mich nun öfters dorthin begleiten, wo ich fliegen darf. Auch dieses Thema ist eine tagefüllende Aufgabe, sich damit zu beschäftigen, wo es erlaubt ist, mit dem Kopter abzuheben.
Ein Update zum Flickern der Mavic bei Videoaufnahmen möchte ich noch hinzufügen.
Nach vielen Tests bin ich nun final bei folgender Einstellung angekommen: 2.7 K 24fps D-log Schärfe 0 Diese Einstellung bedeuten für meinen Geschmack das geringste Bildrauschen, das wenigeste Flackern im Film, eine optimale Schärfe. Gerade weil ich nun mein Postprocessing in Davinci Resolve 15 mache, ist für mich wichtig, das Bildrauschen und das Flackern im Griff zu haben. Dafür verzichte ich gerne auf etwas Auflösung, kann aber das aufwendige Entrauschen mit Nett Video in FCPX verzichten. Das bedeutet am Ende für mich Zeitgewinn. Hier könnt ihr Euch einen unbearbeiteten Testfilm mit exakt diesen Einstellung runterladen: |
Patrick Februar 27, 2019 - 6:51am
Hallo,
super Blog einfach nur toll!
Vielen Dank
Raik April 4, 2019 - 7:46am
Super, ich freue mich, danke Dir.
Roland Bischof März 10, 2018 - 6:14am
Hallo Raik,
könntest Du mir bitte sagen, wo Du Neat Video mit dem Preset erworben hast? Leider kann ich das Preset nicht finden.
Danke und schönes Wochenende
Roland
Raik März 10, 2018 - 1:08pm
Hallo Roland,
schau mal hier nach:
https://sellfy.com/p/BqOm/
Das Preset für ISO 100 nutze ich in Final Cut Pro und mit Neat Video.
Raik
Roland Bischof März 9, 2018 - 4:07pm
Hallo Raik,
ich muss dich nochmals um etwas bitten. Kann das Preset nicht finden, würde gern Neat Video und Preset für Magix erwerben. Denke bei Neat muss man das etwas teuere Produkt kaufen, um die Frame Size für 4k zu haben.
Danke für einen Tipp
L.G.
Roland
Roland Bischof Februar 22, 2018 - 8:12am
Chapeau zu diesem interessanten Artikel, den wunderschönen Fotos und dem beeindruckenden Harmonie-Video. Auch ich habe mich mit Tutorials befasst, recherchiert und bin auf verschiedenen Platformen unterwegs gewesen. Im Moment bin ich noch im D-CineLike hängengeblieben, überlege den Schritt zu D-Log Profil mit all der damit erforderlichen Mehrarbeit/-kosten zu gehen, wobei mich dein Resultat mehr als überzeugt…
Dankeschön.
Raik Februar 22, 2018 - 8:41am
Hallo Roland,
danke für Deinen Kommentar, freut mich, wenn ich Dich inspirieren konnte.
LG
Raik
Roland Bischof Februar 22, 2018 - 3:41pm
Hallo Raik,
noch ein, zwei Fragen zum Video: Wie hast du das mit dem Breitbandformat / Cinemascope bewerkstelligt und was nimmst du für ein Programm zum Erstellen der Videos?
L.G.
Roland
Raik Februar 22, 2018 - 3:51pm
Ich schneide meine Filme mit Final Cut Pro am Macbook. Dort kann man auch dann sogenannnte Letterbox, also das Cinemaformat einstellen.
Roland Bischof Februar 28, 2018 - 4:12pm
Hallo Raik,
noch eine Frage zur Mavic-Einstellung. Ich habe bis dato mit NTSC bei 3840 x 2160 und 24 bzw. 30 fps gearbeitet, muss aber dazu sagen, dass ich gerade erst aus den Startlöchern gekommen bin. Bevorzugst du PAL oder NTSC und mit welchen frames per second handierst du?
Das Plugin zur Rauschreduzierung , was du verwendest, ist in englisch. In vimeo habe ich ein Tutorial (https://vimeo.com/39527245) gefunden, das einem hoffentlich bei der Anwendung hilft. Wie bist du mit Neat Denoise zurecht gekommen? Ist es beherrschbar?
L.G. Roland
Raik März 1, 2018 - 8:45am
Hallo Roland,
ich filme in voller4K Auflösung und mit 30fps.
Für das NeatDenoise nutze ich ein vorgefertigtes Preset, das habe ich mit im Netz für 5,- gekauft. Das funktioniert prima, macht allerdings FCP sehr sehr langsam.
Grüße
Raik
Roland Bischof März 1, 2018 - 4:06pm
Hallo Raik,
danke für deine interessanten Informationen
L.G.
Roland
Gordon Februar 16, 2018 - 7:57pm
Ein sehr schöner Artikel …. da ich selber mit der Mavic Filme, bin ich immer dankbar ,,wenn jemand wie Du“ darüber berichtest.
Danke für den schönen Beitrag.