Damit wir uns im Dunkeln in unseren Städten zurecht finden, illuminieren wir die Straßen, Plätze und Häuser mit Lampen. Diese Lichtstrahlen werden dann in Folge auch fleißig in den Nachthimmel reflektiert. Dunkelheit, so richtig dunkel, das kenn wir in unsere heutigen Zivilisation kaum noch. In den Städten ist vom funkelnden Sternenhimmel kaum etwas zu sehen. Will man etwa die Milchstraße sehen, muss man schon weit hinaus aufs Land, in den Wald oder die Berg fahren.
DAS PROBLEM
Und genau das ist Dein Plan heute, Du willst Landschaftsfotos mit Sternenhimmel machen.
Jetzt bis Du nun hier draußen angekommen, die Nacht ist dunkelblau, der Himmel glitzert und Du baust Deine Kamera auf um Fotos vom Firmament zu machen. Super, jetzt ist die Belichtung fertig, Du schaust gespannt auf Deine Kamerarückseite und in der Tat hat der Sensor so viel mehr Sterne aufgenommen, als Du mit dem bloßen Auge sehen kannst. Boah, Du fühlst, Du bist ein Jedi-Ritter und hast alle Galaxien auf deinem Foto verewigt, da fällt Dir am Horizont dieser komische gelbbraune Streifen auf. Der passt so gar nicht in die Idylle und verfärbt Deinen Nachthimmel ganz unansehnlich.
DIE LÖSUNGEN
Diesem gelben Band am Horizont als Fotograf auszuweichen, ist extrem schwer. Eine Möglichkeit, die ich gerne genutzt habe, ist mir eine Stelle in einem dunklen Gebiet zu suchen. Dazu ist es wichtig, dass mindestens im Winkel von 180° in Kamerarichtung eine Erhebung, eine Art Wall oder Berge, die höher sind als meine Beobachtungsposition ist und in einer Entfernung von 100m bis zu sagen wir 20 km. Das kann im Wald eine See sein, hinter dem sich Berge auftun, oder ein Talkessel, wie ich es in Teneriffa in der Caldera des Teide erlebt habe. Am Kraterrand schatten die höher gelegenen Felswände die am Horizont befindliche Lichtverschmutzung der Touristenorte ab. Im Nördlichen Schwarzwald bietet die Schwarzenbachtalsperre auch eine gute Basis für Nachtfotos mit Sternenhimmel und wenig Lichtverschmutzung.
Dabei sind Baden-Baden und Karlsruhe nicht weit entfernt.
Natürlich kann man auch bei der Entwicklung der RAW´s mit unterschiedlichen Werkzeugen selektiv entsättigen, abdunkeln oder mit Masken sich den Horizont farblich zurechtbiegen. So habe ich es oft bis jetzt gemacht, es braucht aber einiges am Zeit.
Euch bleibt weiterhin die Möglichkeit auf eine einsame Pazifikinsel zu reisen oder in der Afrikanischen Wüste dunkle Flecken zu suchen, um der Lichtverschmutzung aus dem Wege zu gehen.
Für Eure Urlaubsreisen bzw. für die Gebiete, welche sich gut für Nachtfotos mit wenig Lichtverschmutzung eignen, könnt Ihr hier im Vorfeld virtuell auf die Suche gehen. Es gibt eine sogenannte globale Lichtverschmutzungskarte.
Noch besser wäre es aber, die unerwünschten Farben direkt rauszufiltern.
Und das geht erstaunlich gut. Seit einiger Zeit gibt es spezielle Schraubfilter für die Astrofotografie die in der Lage sind, verschiedene Spektren des Lichts zu blocken. Ich hatte mich vor einiger Zeit schon einmal damit beschäftigt und es gibt da von Hoya einige Lösungen, die mir aber als Schraubfilter zu fummelig waren.
Doch die Lösung für mich ist nun in Sicht. Haida, bekannt für seine sehr guten Grauverlaufsfilter, ND- Filter und Polfilter aus Glas, haben nun einen HAIDA NanoPro MC Clear Night Filter 100 mm x 100 mm auf den Markt gebracht.
Das, was wir nicht in unseren Nachtfotos vom Sternenhimmel haben möchten ist das Spektrum der Natriumdampflampen und Quecksilberdampflampen.
Diesen Bereich zwischen circa 580nM und 610nM Wellenlänge eliminiert der Haida Filter. Einfach ausgedrückt ist das genau der Bereich des Lichts, der gelblich, beige bis orange ist. Bei blauem Licht hat der Filter 100% Durchlässigkeit, bei grünem Licht in etwa 50% und bei rotem Licht in etwa 90% Transmission.
Das Filterglas von Haida ist bläulich eingefärbt und filtert damit das unerwünschte Farbspektrum heraus. Die störende Lichtverschmutzung wird damit entsättigt und marginal abgedunkelt. Durch die Tönung und das Blocken verschiedener Wellenlängen schluckt der Filter Licht, etwas mehr als 2/3 Blendenstufe. Es liegt natürlich ein Widerspruch darin begründet, dass ich mir Lichtstarke Objektive kaufe, um in der Nacht das letzte Quäntchen Licht auf den Sensor zu bekommen und um mit niedriger Sensorempfindlichkeit zu arbeiten, mir dann aber wieder ein Lichtschlucker davor setze. Nun, ich entscheide das je nach Motiv, was für mich Priorität hat.
Für Testfotos bin ich dann in den Pfälzerwald aufgebrochen. Die Rheinebene strahlt schon ganz schön viel gelbes Licht in den Nachthimmel.
MALAYSIA
Die Städte unserer Erde sind ja voll mit gelbem Licht, da dachte ich mir, nimm den Filter auf Deine Urlaubsreise nach Malaysia mit. Kuala Lumpur, das müsste passen. Oder vielleicht hast Du ja Glück mit dem Wetter auf der Insel Redang und die Milchstraße leuchtet für Dich. Leider konnte ich entweder wegen Dauerbewölkung oder dann später wegen dem Vollmond keine Milchstraße sehen.
In Kuala Lumpur konnte ich den Clear-Night-Filter testen. Dazu nutzte ich die Roof-Top-Bar im Aloft Hotel direkt am Bahnhof. Ungeduldig wartete ich im abendlichen Tropenregen mit einen Cocktail vor mir auf das Abziehen der Wolken. Erst noch mit Regenschirm behütet, später dann ohne Niederschlag machte ich jeweils eine Belichtung ohne den Haida Clear-Night-Filter und eine mit.
Deutlich zu erkennen ist, dass die Wolken über der Stadt mit dem Filter keine gelblich Färbung mehr haben. Vieles an dem Orange der Straßenlampen wird neutralisiert. Fotos ohne das warme Gelborange der Straßen sind sicherlich ungewohnt, vielleicht auch Geschmacksache, da wir es so ja mit unseren Augen nicht sehen. Ich persönlich mag die neutrale Farbe in den Nachtwolken. Die Flares habe ich bewusst in den Bildern belassen.
Die Bilder sehen ohne Anpassung des Weißabgleichs extrem blau aus. Ich habe lange damit experimentiert, die “richtige” Farbtemperatur für mein Geschmack bei der Entwicklung zu finden. Dabei habe ich festgestellt, dass ich die Tönung in LR weit in den grünen Bereich verschieben muss und bei der Temperatur mit Werten zwischen 4400K und 5000K gut zurecht komme. Ohne den Filter habe ich mit Kelvinwerten um 3600K entwickelt. Obwohl Haida bei dem Clear-Night-Filter auf die neueste Oberflächenveredlung in Form einer Nanobeschichtung ( Nanopro ) zurückgegriffen hat, neigt der Filter bei extrem hellen Lichquellen zu Reflexionen. Die Nanopro MC Oberfläche ist aber sehr wasser-und schmutzwabeisend und lässt sich relativ streifenfrei putzen. Beim Einsatz meiner Haida Grauverläufe am Meer in Malaysia waren die Wasserspritzer ruckzuck wieder weggewischt.
Damit Ihr Euch selbst ein Eindruck von der Filterwirkung verschaffen könnt, habe ich für Euch das RAW von der Aussicht auf Kuala Lumpur hier zum Download verlinkt.
DIE PFALZ
Das Dahner Felsenland im Naturpark Pfälzerwald, bietet für mich viele schöne Aussichtspunkte und spannende Fotomotive. Vom Lämmerfelsen habe ich schon viele Aufnahmen in meinem Archiv, Fotos mit dem Sternenhimmel fehlen mir noch. So nutzte ich die trockene und klare Luft einer diesjährigen Aprilnacht, um in der Dunkelheit hier hochzuklettern und mein Stativ auf dem Plateau des Felsens aufzustellen.
Die Unterschiede zwischen dem Foto ohne Filter und mit Filter sind, dass der Himmel im Bild ohne Filter etwas heller wirkt, mit Filter mehr weniger Gelb enthält und damit das Blau dunkler und klarer wirkt. Auf der senkrechten Felsnadel wird das reflektierte und gestreute Restlicht der Ortschaft Dahn ebenfalls in seiner Farbe neutralisiert.
Abschließend bleibt für mich übrig, dass der Clear Night Filter von Haida große Teile der gelblichen Lichtverschmutzung hinsichtlich der Sättigung im Nachthimmel reduziert. Die Helligkeit der Lichtverschmutzung am Horizont wird wenig reduziert. Die Luminanz in den blauen und dunkleren Bereichen des Nachthimmels oberhalb des Horizonts wird reduziert. Gelbliches Streulicht auf der Landschaft wird in seiner Sättigung reduziert.
In unseren Siedlungen und Großstädten werden die warmen Natriumdampflampen immer mehr durch noch hellere LED Lampen mit einem höheren Anteil an kurzwelligem Licht im bläulichem Spektrum ersetzt.
Der Filter reduziert zwar auch in diesem Spektrum um etwa 60-70% in wie weit die Wirkung des Filters in der Zukunft noch Vorteile bringen wird, kann ich schwer abschätzen.
Den Haida Clear-Night-Filter gibt es für das beliebte Format 100×100 sowie für 150x150mm.
Auch wenn alles hier meine persönliche Meinung ist, weise ich darauf hin, dass Teile dieses Blogbeitrags unbezahlte Werbung enthalten .
etti Mai 3, 2018 - 11:26pm
ich habe mal auf die schnelle beide raw-dateien entwickelt und sehe jetzt keinen unterschied, der den kauf lohnt.
https://www.dropbox.com/sh/1azc5hcoihnwwfa/AAAaJBBrEsGPWsa8uRI0mHv9a?dl=0
Martin November 7, 2017 - 6:57am
Danke für den ausführlichen Bericht, danach habe ich lange gesucht!!
Björn November 6, 2017 - 5:54pm
hier die Schraubfilter: http://www.pro-photoshop.com/produkte/objektivzubehoer/filter/haida-ultra-slim-nano-pro-clear-night-filter-58-mm/
hier der 100er Steckfilter (da wird es schon teurer) http://www.pro-photoshop.com/category/produkte/objektivzubehoer/filter/serie-100/clear-night-filter-serie-100/
und hier die 150er Steckfilter (da wird man dann arm) http://www.pro-photoshop.com/category/produkte/objektivzubehoer/filter/filter-serie-150/serie-150-nano-pro/nanopro-mc-clear-night/
Dieser Shop ist offizieller Haida Vertrieb und (etwas teurer) auch bei Amazon vertreten. Ich habe hier schon einige meiner Filter gekauft und jetzt Anfang November 2017 auch den Clear Night Schraubfilter. Auf meinem 16-35mm Canon gibt es damit keine Vignettierung, weil er sehr flach ist.
Ich kann das nur empfehlen.
Jochen Mai 19, 2017 - 7:55am
Hallo Raik,
bist du über die Preise des Filters informiert?
Ich habe beim Vertrieb in Deutschland angefragt, aber ich habe keine Infos darüber erhalten.
Zumindest gibt es ein geplantes Lieferdatum: den 100x100mm-Filter soll es ab Juli geben.
Raik Mai 29, 2017 - 11:57am
Hallo Jochen,
nein, bin ich noch nicht.
LG
Raik